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von Jörgvatternrundan logo hires

elevation profile 2022Der Beginn:

Schon oft hatte ich davon gehört, aber nie geglaubt, dass ich dort mal starten würde. Ist ja doch ziemlich weit weg.
Also, wie kam es nun dazu? Es begann im September 2021 bei unserem Urlaub am Iseosee. Wir sprachen darüber mal wieder so richtig mit dem Wohnmobil zu tingeln.
Lass uns doch mal nach Schweden reisen, am besten 3 Wochen im Juni.
Als ich das gehört habe, ratterte es sofort - Schweden im Juni - Mittsommernacht - Vätternrundan!!!!

Die Vorbereitung:

Die Registration startete am 24. November. Einen der 20.000 Startplätze zu ergattern war in den Jahren vor Corona ein Problem. Also habe ich Punkt 19:00 Uhr auf den Anmelden Knopf gedrückt und dann hieß es abwarten, ob meine Anmeldung akzeptiert wird. Wurde sie. Und somit startete die Vorbereitung - im Winterhalbjahr viel Indoor Intervalle und ab dem Frühjahr Kilometer machen an der frischen Luft. So kamen in 137 Stunden stolze 3.635 km im Sattel zusammen. Das musste als Vorbereitung reichen.

Die Anreise:

Am 03. Juni starteten wir unsere Anreise, über einen Zwischenstopp in Lübeck, ging es am Tag darauf in Rostock auf die Fähre nach Nynäshamn und dann weiter nach Stockholm.
Die nächsten zwei Wochen war erstmal Urlaub angesagt. Wir tingeln entlang des Göta-Kanals in Richtung Motala, dem Start der Vätternrundan entgegen.

Die Startvorbereitung:

Am Donnerstag erkundete ich erstmal das Eventgelände und ließ mich verführen bei den Merchandise Artikeln zuzuschlagen. Dann durfte ich noch mit dem QR-Code meiner Starterkarte meine Startunterlagen abholen. Alles top organisiert und blitzschnell erledigt.

Freitag wurde das Rad von Ferienmodus auf Rennmodus umgebaut. Andere Laufräder und Pedale ran, Schaltung nochmal eingestellt, die Taschen befestigt, die geforderten Reflektoren und Licht montiert, Startnummer vorne am Rad und den Chip an den Helm geklebt - fertig.
Klamotten schon mal hingelegt und Stullen geschmiert. Jetzt nur noch Beine hoch und hoffentlich etwas Schlaf bevor 02:45 Uhr der Wecker klingelt.
So war der Plan… aber nach dem Abendessen stellte ich fest, dass mein Hinterrad Luft verliert. Also schnell einen neuen Schlauch rein - so jetzt ist alles vorbereitet.

Die Nacht hat es komplett durchgeregnet und anstatt zu Schlafen habe ich dem stürmischen Wind in den Bäumen und dem lauten Prasseln der Tropfen auf dem Wohnmobil gelauscht. Aus den geplanten 5 Stunden Schlaf sind so ungefähr 2x 30 Minuten geworden. Um 02:30 h bin ich entnervt aufgestanden und habe angefangen mich anzuhosen. Zuvor musste ich aber noch die bereits gut verpackten Regensachen wieder aus der Satteltasche herausholen.

Der Startbereich:VorStart

Etwas zu früh kam ich im Startbereich an. Egal, so konnte ich mich noch etwas umsehen.
Es gab 3 Startkanäle. In den Torbögen wurde die Startzeit eingeblendet, immer im 2 Minuten Abstand wurden die Gruppen von ca 50-70 Radlern auf die Strecke geschickt.

Alles war vertreten, vom Modellathleten mit 1,90 m und 65 kg bis zum  1,65 m und 95 kg Kugelbomber. Manche waren aufgrund des anhaltenden Regens und 12 Grad Lufttemperatur total eingemummt, andere starteten Kurz-Kurz ohne Überschuhe.

An Rädern gab es Alles: vom 10.000 € Highend-Renner bis zum Treckingrad, Citybike mit Einkaufskorb, Tandem, Lastenrad, Klapprad - eine wilde kunterbunte Mischung von Menschen und Material.
Für mich war noch genug Zeit bei den Dixies vorbei zu schauen und am Servicestand ein letztes Mal den Luftdruck der Reifen zu checken.

Das “Rennen”:

Start hpDann wurde auch schon im mittleren Kanal die Startzeit 04:44 eingeblendet. Ich stellte mich ca im letzten Drittel der Reihe an, da ich keine Lust auf so viel Gedränge beim Start hatte. Aber das war gar nicht nötig, denn der Startkanal füllte sich nur zur Hälfte.
Jetzt kam der Countdown, die letzten 5 Sekunden und los geht’s.

In lockerer Formation rollten wir die ersten Kilometer so hin und ich unterhielt mich mit einem jungen Schweden, der den Schweden Klassiker bestreiten will.
Die Route führt von Motala Richtung Süden nach Jönköping.
Das waren die schwersten 104 km, die ich je gefahren bin. Die ganze Strecke Gegenwind mit 25-45 km/h, am Anfang noch mit Regen. Leider hatte ich zweimal Plattfuß am Hinterrad bei km 70 und 75, konnte den Grund dafür aber nicht finden. Kein Fremdkörper im Mantel, kein Loch zu sehen…  ich war kurz davor hinzuschmeißen.

Regen

Beim Depot in Ölmstad (km 87) konnte ich neue Schläuche kaufen und mit der Standpumpe nochmal auf 5 bar aufpumpen.
KoettbularNach 5:37 h kam ich endlich in Jönköping an und konnte die legendären Köttbullar mit Kartoffelbrei und Salzgurke, garniert mit Preiselbeermarmelade genießen. Das tat gut, war sozusagen mein Frühstück.

Jetzt ging es um den See unten herum und eigentlich hoffte ich nun auf Rückenwind. Da inzwischen tatsächlich die Sonne heraus gekommen war und ich Zwiebelschicht für Zwiebelschicht meiner Bekleidung in der Satteltasche verstaut habe, musste ich feststellen, dass mit der aufkommenden Sonne zwar nicht die Windstärke, aber sehr wohl die Richtung gewechselt hatte. Nun blies der Wind aus Süd-West und somit ziemlich heftig von der Seite.

Egal, weiter geht’s. Bis zur nächsten großen Verpflegung bei Hjo waren es 67 km. Wie auch schon zuvor versuchte ich wenn immer möglich mich an eine Gruppe zu hängen. Das hat meistens so für 2 km geklappt, dann bin ich wieder mein eigenes Tempo gefahren. In Hjo gab es Mittagessen. Die Lasagne war nicht so lecker wie die Köttbullar zum Frühstück, aber es kam was Warmes in den Magen, das tat gut.

In ständigem Auf und Ab ging es weiter Richtung Karlsborg. Allerdings erstmal nur 20 Minuten lang - wieder ein platter Hinterreifen, das kann doch nicht wahr sein! Aber es nützt ja nichts, einen neuen Schlauch musste ich jetzt ohnehin einziehen. Mit der kleinen Pumpe bekam ich aber nicht genug Druck in den Reifen, sodass ich tatsächlich am Überlegen war die ca 8 km zurück nach Hjo zu fahren. In dem Moment kam ein Service Auto an und der Fahrer fragte, ob ich Hilfe brauche. Ja - eine Standpumpe!

Mit wieder 5 bar gefülltem Reifen aber schlechtem Gefühl, machte ich mich auf nach Karlsborg. Der Reifen hielt, das schlechte Gefühl blieb. Irgendetwas stimmt aber am Hinterrad nicht, deswegen habe ich mich entschlossen bei der Servicestation das Rad komplett checken zu lassen. Reifen und Schlauch runter, alles genau prüfen, altes Felgenband runter, vielleicht hat ja die Felge eine kleine Macke, neues Felgenband drauf.
Das war wahrscheinlich die beste Entscheidung, ab jetzt lief es alles wie geschmiert.

EndeMotorrad

Für die restlichen 111 km benötigte ich nochmal 4:45 h und konnte trotz der widrigen Umstände mit Stolz geschwellter Brust ins Ziel einlaufen.

Ziel

Die Organisation und Atmosphäre:

Die Strecke war super ausgeschildert und an allen kritischen Punkten standen Helfer in Warnwesten mit Fahnen und haben uns den Weg angezeigt und die Autos angehalten - wir hatten immer Vorfahrt. Löcher im Asphalt waren mit Farbe markiert, ein Teilstück ging über eine Schnellstrasse. Da war die Rechte Spur für uns gesperrt.
In den Depots gab es immer ausreichend Verpflegung, keine großen Wartezeiten und immer auch eine Station für Radservice und Massage.
Der absolute Hammer waren die Menschen entlang der Strecke. Entweder im Vorgarten oder irgendwo im Nirgendwo auf einem Klappstuhl, immer wurde angefeuert. Teilweise aus riesigen Boxen mit Hardrock oder Techno beschallt. Die ganze Region um den Vätternsee zelebriert dieses Ereignis.

Medaille kl

Bierstand

 

Die Fakten:

Am Start waren dieses Jahr bei der 57. Vätternrundan 12.216 Radfahrer, 10.867 haben gefinished. Die Starter kamen aus 63 Nationen, wobei Schweden und Deutschland die größte Gruppe bildeten.

Meine Fahrzeit Brutto 15:30 h (Netto 12:20 h) für 315 km und 1.783 Höhenmeter

Das Fazit:

Ich hatte gehofft unter 15 Stunden zu bleiben, aber diese Rechnung hatte ich ohne den heftigen Wind und die 3 platten Reifen gemacht.
Aber die Zeit ist eigentlich völlig egal, es war ein ganz besonderes Erlebnis und eine tolle Erfahrung. Auf so einer langen Strecke mit so widrigen Bedingungen lernt man viel über sich und seinen Körper kennen ;-)
Ich bin stolz es geschafft zu haben.