von Jörg
da auch mein geplantes Radsportevent in diesem Jahr abgesagt wurde, galt es eine Alternative zu suchen.
Schnell wurde mein geplanter Besuch bei meinen Kindern in Köln als möglicher Langstrecken-Ersatz in Betracht gezogen.
Das geplante Trainingslager auf Mallorca konnte ja auch schon nicht stattfinden, hierfür wurde die Variante "wir fahren mit dem Wohnmobil" teilweise in "du fährst Wohnmobil und ich mit dem Rad" umgewandelt.
Somit konnte ich in unserem Ostseeurlaub einige Trainingskilometer ansammeln. Wieder Zuhause, gab es nochmal eine lange Tour als Generalprobe, bei der ich schon mal vor Sonnenaufgang losgefahren bin.
Nach dieser Fahrt wurden nochmal einige Details der Ausrüstung verändert und dann war es soweit.
Am Freitag den 26.06.2020 startete ich um 03:00 Uhr früh zu meinem Brevet nach Köln. Ein Brevet ist eine Selbstversorger Langstreckenfahrt. Mein angesagtes Ziel war, dass wir um 18:00 Uhr gemeinsam am Rheinufer in Köln Grillen wollten.
Geplant hatte ich ca. alle 80 km einen Verpflegungs-Stop an einer Tankstelle - es kam allerdings ganz anders.
Auf dem ersten Streckenabschnitt, noch vor Sonnenaufgang, konnte ich die Stille und und Schönheit der Landschaft genießen. Die Route führte mich in Richtung Diepholz, am Dümmer vorbei bis Bramsche.
Kurz hinter Bramsche, bei Kilometer 103 machte ich am Mittellandkanal meine Frühstückspause und ließ mir mein im Gepäck befindliches Schwarzbrot schmecken. Gut gestärkt ging es an Osnabrück vorbei durch Westerkappeln, weiter Richtung Münster. Allerdings ging mir so langsam der Treibstoff aus. Bei der erstbesten Möglichkeit - in diesem Falle ein Netto Markt in Greven, wurde mit einer Pepsi der akute Durst gelöscht und mit 1,5 Liter Eistee die Trinkflaschen wieder aufgefüllt. Dazu gab es noch eine Laugenstange als zweites Frühstück. Inzwischen war ich ja immerhin schon fast 6 Stunden unterwegs.
Soweit lief alles gut - aber schon 40 km weiter, bei Buldern, wurde ich von meiner Route geworfen. Baustelle! Leider war die ausgeschilderte Umleitung für Radfahrer gesperrt, somit musste ich mehrfach anhalten und auf meinem Garmin nach alternativen Strassen suchen. Irgendwann, nach etwas Zickzack durch kleine Wohngebiete, war ich aber wieder auf der geplanten Strecke.
Der nächste Verpflegungsstopp war kurz nach Haltern am See bei km 215. Soweit - so gut, noch war ich prima in der Zeit. Für die 215 km hatte ich 08:03 h benötigt.
Weiter ging es entlang der Lippe nach Dorsten, von dort dann Richtung Dinslaken. Und hier fing der weniger lustige Teil meiner Reise an. Ich hatte bei der Planung der Strecke versucht bei gleicher Distanz möglichst wenige Höhenmeter anzusammeln. Von der Idee her ganz gut - aber ich hatte nicht bedacht, dass man mit dem Rad besser nicht durchs Ruhrgebiet fährt.
Fürchterlich schlechte Radwege, gefühlt tausend Ampeln und zum Teil wirklich schlechte Luft. Das Ergebnis war, dass ich für die letzten 100 Kilometer 4:46 h benötigte (im Vergleich, die ersten 100 km in 03:40 h).
Wirklich am frustrierendsten waren die Ampelphasen. Zu Teil musste ich Kreuzungen mit drei großen 4-spurigen Strassen queren und benötigte 6 Ampelphasen. Warum 6? Weil ganz offensichtlich in Nordrhein-Westfalen für Radfahrer nur jede zweite Ampelphase auf grün geschaltet wird. Laut meiner Auswertung am Garmin bin ich 50 min an Ampeln oder Kreuzungen gestanden und das fast ausschließlich auf den letzten 100 km. Dagegen stehen vier Verpflegungs-Pausen und zusätzlich drei kurze Verschnaufpausen mit in Summe gerade mal einer Stunde.
Aber egal, über Dinslaken nach Duisburg, Neuss und Dormagen ging es zum Ziel nach Köln. Auf diesem Abschnitt konnte ich aber auch meinen Plan, alle 80 km Getränke auffüllen vergessen, denn es wurde richtig warm (bis zu 38 Grad) und ich hatte teilweise meine beiden 950 ml Flaschen schon nach 30 km wieder ausgetrunken. Natürlich schwanden auch langsam die Kräfte und die Müsliriegel machten mich auch nicht mehr wirklich an. So kam es, dass ich noch etliche weitere Stopps einfügte, den letzten sogar nur 15 km vor dem Ziel. Doch an der Tanke gab es zur Stärkung nochmal ein belegtes Brötchen, danach konnte ich dann bis zur Zoobrücke, unter der Wenke inzwischen mit dem Wohnmobil stand, weiter fahren.
Nach 335 km kam ich dort rechtzeitig zum Grillen um 17:38 h an, mit einer Fahrzeit von 13:40 Stunden sowohl meine weiteste (km), als auch längste (h) Radtour bisher.