von Thorsten
Zu zweit wollten wir nach Lengerich am Fuße des Teutoburger Waldes, um beim 25. Teutolauf über die 29 km Distanz an den Start zu gehen. Da Martin nach seiner Coronainfektion noch nicht ganz fit war, wurde es ein Soloausflug für mich.
Sonnenschein, Wärme, ein bunter Herbstwald – super Bedingungen. Ich war rechtzeitig da. Ein zweites Frühstück mit Porridge und Heidelbeeren und noch eine halbe Stunde im Auto Ruhen. Das geht im Kombi ganz gut - Matratze und Kopfkissen passen perfekt hinein. 20 min vor dem Start war ich jedoch immer noch mit der Frage beschäftigt: „Welche Schuhe ziehst du an?“ Die Crossschuhe oder die leichten Wettkampfschuhe für die Straße? Die Strecke führt wellig mit vier kräftigen Steigungen überwiegend durch den Teutoburger Wald. Aber es waren auch einige Streckenabschnitte, gerade zu Beginn und am Ende, die lange über Asphalt verliefen. Ich entschied mich für die Straßenschuhe – sollte das die richtige Wahl sein?
Der Lauf wird anspruchsvoll, das stand fest. Da ist die Streckenlänge: 29 km, zu lang, um von Beginn an Vollgas zu geben, zu kurz, um es gemütlich angehen zu lassen. Dann die Untergründe: Asphalt, Forstwege, Trails, Treppen! Und letztendlich natürlich die Steigungen – fast 700 positive Höhenmeter waren zu bezwingen. Anhand der GPS Tracks und Fotos der Vorjahre war es schwer eine passende Renntaktik zu wählen.
13.50 Uhr war der Start. Was geht denn jetzt ab? Meine ersten Überlegungen wurden gerade über den Haufen geworfen. Die liefen alle Vollgas! Eine Pace von unter 4 min/km. Das hatte ich so nicht geplant. Die führenden Läufer, die übrigens mit Carbon-Straßenschuhe liefen, waren schon weit weg. Für mich lautete jetzt die Devise: am Verfolgerfeld dranbleiben. Das gelang mir auch, mit ordentlich Zähne zusammenbeißen und „nicht darüber nachdenken“ was noch vor mir lag. Bis jetzt war meine Schuhwahl richtig, mit Crossschuhen hätte ich vielleicht den Anschluss verloren. Das passte also.
Nach 5 km war der wellige Asphalt- und Forstwegeteil vorbei und es galt den ersten steilen Anstieg in den TeutoWald zu bewältigen. Ich behielt jetzt meine Kampflinie bei: Immer am Limit! Mit Puls bis zum Anschlag übernahm ich jetzt die Führung der Verfolgergruppe und konnte sogar ein paar Meter Vorsprung herstellen. Auf der Bergabpassage liefen dann wieder Läufer zu mir auf. Es folgte der zweite steile und noch längere Anstieg. Ständiger Führungswechsel! Immer am Limit. Mittlerweile waren wir nur noch zu Dritt und konnten sogar Läufer vor uns „einsammeln“.
Bergab: nicht nachdenken, einfach nur laufen lassen! Dann waren wir in Bad Iburg und wir mussten die Treppen zum Baumwipfelpfad hochlaufen - vorsichtiger Run auf den glatten Holzbohlen – und die Treppen wieder hinunter. Die Oberschenkel brannten.
Der dritte Anstieg – jetzt musste ich dann doch meiner Strategie etwas Tribut zollen. Der Abstand zu dem vor mir Laufenden (übrigens in einem Trikot der Deutschen Meisterschaft im Trailrunning) wurde ziemlich groß. Auf der Kuppe ging es nun einen super schönen, schmalen und technisch anspruchsvollen Singeltrail entlang. Von hinten kam ein schneller junger Läufer und zog an mir vorbei. Aber das war jetzt mein Untergrund! Ich blieb dran. Wir sprangen über Wurzeln und Steine, mal runter, mal hoch, scharfe Kurven – herrlich. Und auf einmal waren wir wieder an dem vor uns Laufenden dran. Die Bergabpassage: ich konnte Anschluss halten. Dann kam ein Stück Asphalt – wieder eine Pace von unter 4 min/km. Auch jetzt war ich wieder froh über meine Schuhwahl. Ich hielt den Anschluss! Unglaublich.
Der letzte lange Anstieg. Noch lagen aber 10 km vor uns. Der jüngere Läufer, der mich zuvor gepusht hatte, musste jetzt abreißen lassen. Aber auch ich bekam meine Füße kaum noch hoch. Meine Oberschenkel fühlten sich wie Blei an. Das war jetzt kein lockerer Lauf mehr. Doch war ich vollkommen zufrieden. Das war ein super Wettkampf, soviel Führungsarbeit hatte ich sonst nicht gemacht und so forsch gehe ich eigentlich auch nicht in einen mir unbekannten Wettkampf.
Ich lächelte sogar gerade in mich hinein und schlurfte den Anstieg hoch, als ich von einer schnellen Läuferin überholt wurde - Anika Fels, zweite des Bremen Marathons 2021 mit einer Bestzeit unter 3 Stunden. In kurzen kraftvollen Schritten flog sie an mir vorbei. Ey, ich konnte noch lächeln, ich konnte noch denken, also waren doch irgendwo noch ein paar Energiereserven in meinem Körper. All In!! Ich war für jeden Kilometer dankbar den ich mithalten konnte. Und so stieg meine Stimmung von Kilometer zu Kilometer – und das waren noch ein paar.
10 km liefen wir Schulter an Schulter, mal sie ein paar Meter vorne, mal übernahm ich die Führung. Unglaubliche Anstrengung, aber auch unglaubliche Freude! Zum Ziel ging es noch ca. 1,5 km auf Asphalt hinunter. Hier war meine größere Schrittlänge vielleicht etwas von Vorteil – mit wenigen Sekunden Vorsprung überquerte ich vor ihr die Ziellinie.
Die Müdigkeit und Anstrengung spielten gar keine Rolle! Ein super zufriedenes Gefühl überwog! 2:05 Stunden (Pace 4:25 min/km) Kampf und Freude, bedeuteten Gesamtrang 9.
Viel Abwechslung im Rennen - mit einer Konstanten vom ersten bis zum letzten Kilometer: Immer am Limit!