von Jörg: Mein erster Ironman
Das Ziel
Schon früh formulierte ich mein Triathleten-Ziel: mit 50 mache ich meinen ersten Ironman!
Und plötzlich war es soweit, am 20.07.2013 erfolgte die Online-Anmeldung. Aber da war ja noch über ein Jahr Zeit, sich vorzubereiten! Zunächst wurden diverse Trainingspläne konsultiert, bis einer davon als Grundlage für die von Martin verfeinerte und immer wieder angepasste Version herangezogen wurde.
Training
Im Training lief nicht immer alles perfekt, gesundheitlich und auch leistungsmäßig. Aber im Großen und Ganzen habe ich den 31 Wochen-Plan abgearbeitet. 3560 km Rad, 840 km Laufen und 170 km Schwimmen. Das sind die nackten Zahlen. Zum Glück wusste ich nicht, was da auf mich zukommt, denn das in den normalen Arbeitsalltag zu packen, war manchmal schon eine Herausforderung. Da galt es abends oftmals den inneren Schweinehund zu überwinden und nach einem anstrengenden Arbeitstag mal eben zwei Stunden Laufen gehen. Aber meine beiden Trainer Martin & Erik schafften es immer wieder mich zu motivieren!
Vorbereitung
Unaufhaltsam rückte der Tag X näher und ich wurde immer nervöser. Zum Glück hatte ich super tolle Unterstützung vor Ort! Zum einen hatte sich Sigrid mit angemeldet, zum anderen war eine ganze Support-Crew mit angereist. Silvia & Martin, Suse & Thomas, Heribert, Wenke & meine Eltern. Das war eine super zusätzliche Motivation! Vielen Dank an alle!
Das Kribbeln fing bei mir Mittwoch auf der Radstreckenbesichtigung an - die anderen Athleten, die Begleitmotorräder und die anspruchsvolle Radstrecke. Da wurde mir bewusst, dass nicht nur die Angabe der gesamten Höhenmeter entscheidend ist, sondern auch deren Verteilung auf die 180 km.
Es hätte mich aber schon im Vorfeld stutzig machen sollen, wenn auf der Radstrecke zwei der vier Anstiege eigene Namen wie "Heartbreak Hill" und "The Beast" haben.
Der Ironman
04:15 h Aufstehen, das vorbereitete Frühstück reinzwingen, alles nochmal überprüfen, um 05:00 Uhr mit dem Zweitrad zum Veranstaltungsgelände. In Ruhe das Rad abgedeckt und die Fahrradgarage eingepackt, die Wechselbeutel aufgefüllt, nochmals die Laufwege gecheckt – alles klar, ab zum Schwimmstart!
Es wurde in drei Wellen gestartet: zuerst die Profis, dann jene, die sich schneller als 1:10 h einschätzten und danach der Rest. Insgesamt waren 2650 Triathleten am Start. Luft 18°C leichter Regen, Wasser 21°C und somit Neo erlaubt!
Aus taktischen Gründen habe ich mich in die 1:10 h Startwelle aufgestellt, obwohl ich eher bei 1:15 h anzusiedeln bin. Somit konnte ich es anfangs ruhig angehen. Langsam ins Wasser waten, Außenbahn anvisieren, und eventuell im Wasserschatten gezogen werden. Das hat auch einigermaßen geklappt, aber offensichtlich hatten mehrere diese Idee, denn ich war bei weitem nicht der Letzte. An den ersten beiden Bojen habe ich einen sehr großen Bogen gemacht, um dem Gedränge zu entkommen. Kloppe gab es erst, als alle Schwimmer in den engen Kanal gedrängt haben. Da waren schon mal Ellenbogen und aktiver Beinschlag gefragt! Nach dem Landgang über die kleine Insel war das Feld schon gut auseinandergezogen und ich konnte endlich meinen Rhythmus finden. Den zweiten Schwimmteil absolvierte ich auch deutlich schneller.
Beim ersten Wechsel war ich erstaunt, wie ruhig und gesittet es im Wechselzelt zuging. Da ich mein Rad in der ersten Reihe platzieren durfte, kam ich schon in der Wechselzone in den Genuss, von der Support-Crew frenetisch angefeuert zu werden. Prima, das war klasse! Da lief ich auch voll motiviert, das Rad schiebend, an den Dixis vorbei, auf die Radstrecke.
Die ersten 30 km ging es flach am Zürichsee entlang, gefühlt wurde ich nur überholt, aber ich wollte mich nicht mitreißen lassen, es lag ja noch Einiges vor mir. An der ersten Verpflegung, vor dem ersten Anstieg holte ich das Versäumnis aus der Wechselzone nach und konnte dann befreit in die Berge fahren. Anfangs ging es kurz mit 5% hoch, danach immer rauf und runter im Wechsel, aber nicht zu steil. Der zweite richtige Anstieg ging über 3 Kilometer rauf, mit 5-8% Steigung. In der ersten Runde konnte ich noch auf das 28er Ritzel verzichten. Leider war es nicht möglich, bei der Abfahrt voll drauf zu halten. Noch war es zu nass auf der Strecke und einige scharfe Kurven erforderten rechtzeitiges Abbremsen. Der nächste Anstieg zog sich zwar über 5 km hin, war aber nicht mehr so steil.
Dann ging es zurück um den See. Ich nahm mit, was ich kriegen konnte! So auch die Penalty-Box bei Kilometer 75, in der ich 6 Minuten Zeitstrafe wegen (angeblichem) Windschattenfahren absitzen durfte. Als Abschluss der Radrunde wartete auf mich der „Heartbreak Hill“. Ein kurzer giftiger Anstieg, umsäumt von Menschenmassen und hochgetragen durch das Läuten der monströsen Kuhglocken! Hammermäßig!!!!!!
Und das Ganze nochmal – diesmal jeden Anstieg mit dem 28er Ritzel, aber die geringere Geschwindigkeit rauf, konnte ich bei trockener Fahrbahn abwärts fast wieder gut machen. Vmax = 79 km/h. Insgesamt war der Radsplitt wirklich anstrengend, aber ich hatte trotzdem den Eindruck, mir den Wettkampf bisher recht gut eingeteilt zu haben.
Auch beim Wechsel zum Laufen, nahm ich mir Zeit. Trockene Socken, Laufhose und Shirt, Transponder nochmal fester machen - sollte ja für die nächsten 4 Laufrunden alles passen.
Aus meinem Gehirn hatte ich schon in der Vorbereitung das Wort „Marathon“ verbannt.
Beim Lauf konnte ich doch tatsächlich die Anfeuerungen genießen und hier und da mal abklatschen. Es war nicht wirklich zu erwarten, dass ich diesen Part in Bestzeit bewältigen würde. So ärgerte es mich anfangs zwar, dass bereits bei Kilometer 13 der erste Krampf auftrat, aber da ich das aus dem Training kannte, wusste ich auch, dass es trotzdem weiter geht.
Die Schmerzen überwinden, die Anfeuerungen aufsaugen, NEIN – ich kann nicht aufhören! Ich will finishen – es sind extra zur Unterstützung deine Freunde angereist – reiß Dich zusammen!!!!
Nach der zweiten Runde fing ich an zu rechnen. Wenn ich Gehpausen mache, schaffe ich meinen Wunsch, unter 13 Stunden zu bleiben, nicht mehr! Und immer wieder Martin: „was brauchst Du, was willst Du, nimm wenigstens das Salz mit“ „Nicht stehen bleiben, immer weiter laufen, nicht gehen, das funktioniert schon, weiter laufen, nicht gehen!!!!“ Das war mein Mantra. Weiter Laufen …. und immer mehr Geher überholen. Und alles begleitet durch Gehirnjogging. Schon beim Verlassen des Zielbereichs nach meiner zweiten Runde: Du bist SCHON auf der dritten Runde! In der vierten und somit letzten Runde habe ich die (scheiß) Kilometer einzeln runter gezählt. Und plötzlich, als ich mir bewusst wurde, dass ich es schaffe, ging es wieder etwas besser. Schon 3 Kilometer vor dem Ziel fing ich das Grinsen an. Noch einmal meine Fans abklatschen und auf den blauen Teppich abbiegen.
Tatsächlich ein berauschendes Gefühl, diese letzten Meter auf den Zielbogen zu, von Cheerleadern flankiert und empfangen mit den Worten:
„Jörg, you are an IronMan“.
Danke
Schön miterleben zu dürfen, wie viele Menschen mitgefiebert und mir zum Finish gratuliert haben. Ob Trainer, Sportkamerad, Arbeitskollege, Familienmitglied, …. Euch allen ein riesengroßes
Dankeschön!