© (c) copyright by TSV-Schwarme

von Jörg

bow logo

DIE IDEE
Wie schon die letzten Jahre machte ich mir so um den Jahreswechsel Gedanken, was für ein besonderes Event für mich 2024 auf dem Plan steht.
Warum nicht mal wieder was mit Schwimmen? Nach kurzer Rücksprache mit Erik, ob er mich auf 11 km Open Water hin trainieren kann, folgte umgehend die Anmeldung beim Bodensee Open Water - von Friedrichshafen (Deutschland) nach Romanshorn (Schweiz).

Für mich war dies ein ganz spezielles Event, da ich in Friedrichshafen geboren und am See aufgewachsen bin. Vor über 40 Jahren habe ich hier Abitur und danach die Lehre gemacht. Daher war es für mich etwas ganz Besonderes, die Strecke durch "meinen" See zu schwimmen.

DIE VORBEREITUNG
Anfang Mai setzte ich mich mit Erik zusammen und es wurde ein 12 Wochen Trainingsplan ausgearbeitet. So früh im Jahr begann die Freiwasser Saison bisher noch nie, Mitte Mai wurde an einem langen Wochenende am Plöner See das zusätzliche Equipment getestet. Bei ca 14 Grad Wassertemperatur machten sich Neoprenkappe und Füsslinge aber auf jeden Fall bezahlt.
Es folgten etliche Trainingseinheiten, manche “nur” 3 km, andere mit 5-6 km.
Einen großen Dank hier schon mal an meine tapferen Begleiter Kristina & Erik. Ihr habt mich immer gut gepusht, mit euch war das Tempo immer hoch.
So kamen über die 12 Wochen stolze 125 km zusammen.

DIE VORWOCHE
Eine Woche vorher fuhr ich zu meinen Eltern und habe von dort mobil gearbeitet. Das gab mir aber die Möglichkeit, mich schon mal mit den Örtlichkeiten in Friedrichshafen vertraut zu machen. Auch sollten die letzten zwei Trainingseinheiten hier im See stattfinden.

Aber der See und das Wetter dort haben ihr eigenes Gesetz. Das Training am Dienstag war ernüchternd. Aufgrund des Seegangs war das Tempo langsam und ich befürchtete schon Schlimmes.
Am Donnerstag wollte ich dann morgens schwimmen, morgens ist der See meist noch ruhig und der Wettkampfstart sollte ja auch um 06:00 Uhr sein.
Doch es war wie verhext. Ab Mittwoch jeden Tag Gewitter, sogar am Donnerstag Morgen! 

Die Wetterprognose sagte Gewitter bis Freitag und auch in der Nacht zu Samstag.
Zuerst sollte das Gewitter Samstag morgens um 2:00 h sein, dann wanderte der Zeitpunkt zum Glück nach vorne auf 0:00 h, um am Ende wurde es doch nur ein heftiger Regen um 23:00 h. Was für ein Glück, ich hatte schon befürchtet, unverrichteter Dinge wieder nach Hause zu fahren.

RuhigerSee

DAS BRIEFING
Nach einer vor Aufregung unruhigen Nacht klingelte um 4 Uhr der Wecker. Treffen war auf 5 Uhr angesetzt, das Briefing eine halbe Stunde später, und der Start sollte um 6 Uhr sein.
Die Athleten versammelten sich und ein erster Erfahrungsaustausch mit Wiederholungstätern fand statt. Langsam wurde es Zeit, sich in den Neoprenanzug zu zwängen, die Tasche mit den Wechselklamotten am LKW abzugeben und zum Treffpunkt für das Briefing zu gehen.

Der See lag spiegelglatt vor uns. Die drängendste meiner Fragen: “Woran sollen wir uns orientieren”? wurde schnell beantwortet…
…leider könnt ihr aufgrund der niedrigen Wolkendecke, den markanten Bergrücken heute nicht sehen! Aber seht ihr dort die Kirche, wo der Turm in der Wolke verschwindet? - NEIN, sehe ich nicht. - Aber nachher vom Wasser aus, könnt ihr den sowieso nicht mehr erkennen! DANKE für diese Info. Orientiert euch einfach an den Booten der DLRG.

Dann wurde noch erklärt, dass die 80 Teilnehmer in Gruppen starten, eingeteilt nach Tempo. Ich hatte mich für die langsamste angemeldet und startete also in der letzten Gruppe. Wir sollten in der Gruppe schwimmen und wenn wir merken, dass wir langsamer oder schneller schwimmen wollen, uns vom DLRG in die andere Gruppe ummelden lassen. Soviel zur Theorie.

DIE SEEQUERUNG

Steg

Nach einer kleinen Verzögerung starteten wir um 6:30 Uhr. Ich war in der langsamsten Startgruppe mit voraussichtlich 2,5 km/h. Angepeilt hatte ich eine Zeit von  4:15 h +/- 15 min, je nach Wind und Welle - und Orientierung, denn 11 km geradeaus Schwimmen konnte ich vorher nicht üben.

Die Atmosphäre am Start war aufregend und gleichzeitig entspannt. Alle Teilnehmer waren gut gelaunt und freuten sich auf die Herausforderung.

StartGleich nach dem Start bin ich zusammen mit einem weiteren Athleten nach vorne aus der Gruppe raus geschwommen. Ich kam schnell in meinen antrainierten Rhythmus und bei so glattem Wasser war auch der 3er-Zug völlig unproblematisch.
Anfangs war die Orientierung noch einfach, ich hatte die Bojen der vorderen Startgruppen im Blick und konnte mich an die DLRG Boote halten. Die ersten Kollegen aus der vor uns startenden Gruppe wurden zügig eingesammelt.
Aber das Bild änderte sich bald. Die schnellen Schwimmer entfernten sich logischerweise immer mehr und waren bald außer Sicht. Die Boote mit ihnen. Nun galt es, diese verflixte Kirche zu sichten, was mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelang.

RouteNach 3 km machte ich kurz Halt, um etwas Energie mittels an der Boje befestigtem Gel zu tanken. Ich schaute mich um und sah NICHTS. Ich war völlig alleine unterwegs und erahnte nur in etwa die Richtung.
Inzwischen hatte etwas Seegang eingesetzt. Es kamen lange rollende Wellen seitlich aus Westen. Sie behinderten mich nicht wirklich, es fühlte sich aber an wie im Aufzug oder in der Achterbahn: Rauf - Runter - Rauf - Runter…

Ungefähr auf der Mitte des Sees kam ein DLRG Boot vorbei und die Begleiter erkundigten sich, ob alles in Ordnung sei. Ja, aber wo muss ich hin?
Ich bekam als Anhaltspunkt ein weiß leuchtendes Hochhaus genannt und habe meinen Kurs entsprechend angepasst.
Unterwegs begegneten mir 2-3 mal die grüne und die gelb-orange Boje. Das waren Mitstreiter meiner Startgruppe. Etwas irritierend, dass die in eine andere Richtung schwammen. Aber ich hielt mich weiter an das weiße Hochhaus.
Inzwischen sah ich auch endlich die Kirche, oder besser gesagt zwei Kirchen. Die weiter rechts sollte die richtige sein. Aber gefühlt kam das Schweizer Ufer einfach nicht näher.
ZieleinlaufIch war nach 8 km auch schon sehr erschöpft und versuchte nur irgendwie meine Arme nach vorne zu schmeißen. Teilweise versuchte ich sogar mittels BEINSCHLAG meinen Vortrieb aufrecht zu halten, aber das ging zu sehr auf die Atmung.
So quälte ich mich die letzten Kilometer und dachte an die zurückliegenden Trainingseinheiten - nur noch ein “Doppel-P” - nur noch ein “X” wie im Oyter See…

Etwa ein Kilometer vor dem Ziel wurde ich nochmal von der DLRG abgefangen. “Du bist zu weit westlich”. Ich sollte zwischen der roten und der grünen Boje durchschwimmen und dann zum Ausstieg.

Endlich, unter dem Beifall der Zuschauer, torkelte ich die Treppe hoch und überquerte die Zeitnahme Matte.

Ziel

Ich habe es geschafft! Nach 4:05:30 h war ich glücklich und erschöpft in Romanshorn. Was für ein tolles Gefühl!

DAS FAZIT
Ich hatte gehofft, dass es nicht ganz so anstrengend wird.
Ich hatte gehofft, dass das mit der Orientierung besser klappt. Da hätte ich mehr Begleiter auf dem See erwartet. In meiner Vorstellung, wie eine Perlenkette, an der man sich lang hangeln konnte. Aber wie im Briefing erwähnt, ging der Veranstalter davon aus, dass wir in der Gruppe bleiben…
Mit meinem Ergebnis bin ich super zufrieden. Unter den Herren reichte es für den Platz 19 und in meiner Altersklasse 60-69 Jahre wurde ich sogar Zweiter.