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von Jörg

Das Hotel in Meiringen (CH) ist auf die Radsportler eingerichtet und bietet ab 5:00 Uhr Frühstück an. Wir füllen die Speicher nochmal tüchtig auf, denn heute werden wir einige Kalorien verbrennen!

Circa 300 Meter vom Hotel entfernt ist der Start/Ziel-Bereich. Wir sind früh dran und reihen uns in die schon wartende Menge ein. Eigentlich sollte man sich nach der angestrebten Durchschnittsgeschwindigkeit einreihen – die Schnellen vorne und die Langsameren hinten. Aber die entsprechenden Schilder konnten wir nicht sehen und zum Zeitpunkt unseres Eintreffens waren wir relativ weit hinten. In der nächsten halben Stunde sollte sich das Bild aber noch ändern. 2440 Starter über die drei angebotenen Strecken füllten die komplette Hauptstraße. Dann kam Bewegung in die Meute, zum Start rückten wir nochmal etwa 50 Meter nach vorn und da war er schon, der Startschuss! Dank des Zeitchips war es unerheblich, ob man vorne oder hinten stand, es wurde erst gemessen, wenn man die Zeitmatte überfuhr.

Die ersten Kilometer durchs Dorf fuhren wir auf einer komplett gesperrten Strecke, Polizei vorne weg! Relativ schnell ging es aber schon bergauf. Der erste Pass war der Grimselpass. Landschaftlich sehr schöne Ausblicke mit mehreren Stauseen zogen sich die Schleifen der Straße nach oben. Gefühlt haben mich hoch zum Pass circa 2000 Leute überholt. Ich wollte mich aber nicht verrückt machen lassen, es sollten ja noch einige Anstiege kommen. Bei der ersten Verpflegung oben am Pass wurden wir von Alphornbläsern empfangen, das war schon cool. Allerdings 2,5 h für die 33 km erzeugte bei mir Stirnrunzeln. Die 10 km lange Abfahrt hat aber die Durchschnittsgeschwindigkeit in die richtige Richtung gebracht.

Ohne Verschnaufpause ging es in den zweiten Berg. Der Nufenen hatte es in sich, 1200 Hm mit durchschnittlich 10% Steigung. Und wieder überholten mich alle, ganz besorgt schielte ich schon immer die Serpentinen hinunter, ob da überhaupt noch welche waren. Aber noch war ich nicht der Letzte! Bei der 15 km langen Abfahrt konnte ich wieder ein paar Plätze gut machen.

Unten im Tal war die Verpflegung mit dem Abzweig zur großen Platinrunde, die war allerdings schon gesperrt, als ich ankam. Das ist nur was für sehr schnelle Bergziegen!
Der nächste Pass war zwar der mit den geringsten Höhenmetern, er sollte mich aber zermürben!
10 km Kopfsteinpflaster, teilweise 10% Steigung und Gegenwind! Auch wenn es auf den Bildern toll aussieht, wirklich toll zu fahren ist der Gotthardpass nicht. Die einzige Befriedigung war, dass ich erstmals auch andere Radfahrer überholt habe. Die rasante Abfahrt bis Andermatt machte wieder viel Spaß. Zwischen Andermatt und Wassen war die Zeitmessung neutralisiert, da es hier eine sehr stark befahrene Straße war und somit die Sicherheit vorging.

Inzwischen waren 120 km abgeradelt und die Beine schon schwer. Der dickste Brocken stand mir aber noch bevor, der Sustenpass. Von 900 Metern auf 2200 Meter hoch, das Ganze auf 23 Kilometer Länge. Nach dem Gotthard war jetzt schon mentales Tricksen angesagt, um diesen Elefanten in möglichst dünne Scheiben zu schneiden. Bei km 130 machst Du kurz Halt, um die Aussicht zu genießen. Nur noch 750 Meter, dann sind es nur noch 4 Kilometer bis oben, bei Höhe 2000 Meter gibt es zur Belohnung ein Gel…
Als ich endlich oben war, hat mein ganzer Körper vor Erschöpfung gezittert und ich habe geflennt. Aber zwei Becher Brühe haben wieder ein paar Lebensgeister zurückgebracht, danach konnte ich mich um die restliche Verpflegung kümmern.

Nach den ersten 10 km der Abfahrt musste ich kurz anhalten, da mir meine Schulter so wehtat. Dann ging es aber ganz gut und zügig weiter. Bergab war ich definitiv nicht der Langsamste (hihihi).
Kurz vor Meiringen ging es in einer Schlucht nochmal 90 Hm rauf, die hat man fast gar nicht richtig registriert. Der Zieleinlauf war toll! Ziel Joerg

Es ist schon ein berauschendes Gefühl nach 10:51 Stunden und 172 km insgesamt 5294 Höhenmeter bewältigt zu haben.
Im Ziel wurde ich von Martin empfangen, der natürlich über zwei Stunden vor mir ankam und schon frisch geduscht war. Nachdem auch ich wieder vorzeigbar war haben wir den Abend bei Pizza und Weißbier ausklingen lassen und uns stolz die Schultern geklopft!

Mattin sagt:

Ich ging das Rennen kontrolliert an, habe mich nicht von schnelleren Fahrern nervös machen lassen und bin meinen eigenen Rhythmus gefahren. Die Landschaft der Schweizer Alpen ist traumhaft, da musste man sich auch mal Zeit für einen Blick links oder rechts neben die Strecke gönnen.
Schon am zweiten Berg merkte ich, dass ich ganz gut mithalten konnte und erfreute mich am Geschrei der Murmeltiere in der Morgensonne.
Die Abfahrten waren schnell und nicht ungefährlich, denn hier trafen Velos, Motorräder, Autos und Busse aufeinander. Da gab es schon die eine oder andere brenzlige Situation. Ich trat die Flucht nach vorn an und genoß die Überdosis Adrenalin. Martin AbfahrtDie Gotthardpass-Straße war einmalig, kaum Autos, Hitze, Wind, Kopfsteinpflaster und richtig kräftezehrend. In der anschließenden Abfahrt nach Andermatt konnte man es richtig krachen lassen. Wie immer in solchen Situationen ging das Kopfradio an und zu pumpenden Technobeats schrie Moby "Yes, Yes, here we go!".
Eine psychologische Tortur stellte der Sustenpass dar. Schon viele Kilometer vor der Passhöhe konnte man selbige sehen, aber durch die gerade verlaufende Straße, kam sie scheinbar nie näher. Doch auch diese Hürde wurde genommen. Bis ins Ziel ging es dann gefühlt nur noch bergab. Hier konnte ich noch ein paar Zeitfahrqualitäten ausspielen.

Das Alpenbrevet ist bestens organisiert, die Strecke ein Traum und das Gefühl in Meiringen durchs Ziel zu fahren unbeschreiblich. Es wird wohl nicht meine letzte Teilnahme gewesen sein, zumal Platz 154 von ca.800 Startern noch ausbaufähig ist!