von Thorsten
Ich hatte mich sehr auf die Harzquerung gefreut. 2019 habe ich die Strecke schon einmal absolviert. Damals, noch einer meiner ersten Trail-Läufe. 2019 lief alles perfekt.
Einen Tag vor dem diesjährigen Wettkampf war noch unklar, ob ich überhaupt starten kann. In den letzten Wochen bin ich kaum gelaufen. Erst hatte ich eine hartnäckige Bronchitis und seit 14 Tagen plagten mich Schmerzen im Fuß. 14 Tage keine Laufeinheit in der Vorbereitung. Kaputt war am Fuß nichts, nur eine sehr „nervige“ Nervenentzündung oder –reizung (vermutlich).
Vorbereitung Grütze, schmerzender Fuß – also nicht starten? Naja, als Ausdauersportler habe ich das als Herausforderung gesehen. Außerdem waren die Fußschmerzen seit zwei Tagen auch kaum noch wahrnehmbar.
Wie unter diesen Vorzeichen ein Rennplan aussieht, sollte eigentlich klar sein. Vorsichtig sein und nichts riskieren. Gerade auch, weil ich die Strecke kannte und wusste, dass eine schöne, aber anspruchsvolle Route auf mich wartete. Super Laufwetter, 12 °C, bedeckt, kein Wind. Ich freute mich auf den Startschuss. Pünktlich um 8.30 Uhr ging das Abenteuer am 29.04.2023 los. Getränke und Gels hatte ich dabei, aber anscheinend meinen Kopf vergessen. Direkt nach dem Start, ein langer Anstieg, dann schöne schmale Pfade. Mein Puls – fast am Maximum. Weiter ging es - immer Vollgas. Mein Puls hatte Werte, die ich selbst bei einem 5 km Lauf kaum erreiche. Nachdenken? Fehlanzeige. Mit meinen Erfahrungen weiß ich, dass der Körper auf den langen Distanzen auch Fette zur Energiebereitstellung verbrennen muss – und das macht er nicht bei Volllast!
Warum lief ich völlig wild mit ausgeschaltetem Kopf? Weil so keine Zeit blieb, an den schmerzenden Fuß zu denken. Fürs Denken war kein Sauerstoff mehr übrig. Immerhin, 30 km funktionierte diese chaotische Taktik.
Dann kam der erste längere Downhill. Aber die latenten Schmerzen wurden bergab stärker und machten ein unbeschwertes Laufen nicht mehr möglich. Hinzu kam der jetzt völlig ausgepowerte Körper.
Ich biss noch weitere 24 km bzw. 3 lange Stunden die Zähne zusammen. Bis zum Ziel überholten mich dann noch fast 50 weitere Läufer – was meiner Motivation nicht besonders zuträglich war.
Allerding funktionierte irgendwann mein Kopf wieder (der hatte ja jetzt wieder Sauerstoff zur Verfügung) – ich begann die Situation zu akzeptieren, nahm Sie, wie ursprünglich gedacht, als Herausforderung an. Ich konzentrierte mich darauf, einen guten (langsamen) Laufrhythmus zu finden. Und ich testete, welche mentalen Hilfsmittel für mich geeignet sind, meine subjektive Schmerzwahrnehmung zu beeinflussen. Ich versuchte bewusst eine Trennung des sensorischen Inputs vom kognitiven Schmerzerleben zu erreichen. Das ist mir nur bedingt gelungen. Die freudige Erwartung auf das Finish blieb. Eine „zweite Luft“ kam nicht. Beißen bis zum Schluss.
Immerhin lief ich noch mit einem Lächeln über die Ziellinie. Schon kurze Zeit später genoss ich eine leckere Erbsensuppe.
Als Fazit bleibt: ein langer Lauf unter Schmerzen – selbst, wenn nichts weiter kaputtgeht, ist nicht sinnvoll und völlig unüberlegt loszurennen ist einfach nur dumm. Und dennoch habe ich auch durch diesen Lauf wieder etwas gelernt und werde diese Fehler bei einem anderen Wettkampf nicht mehr machen.
589 Teilnehmer sind über die 54 km Strecke gestartet. Für mich hat es am Ende immerhin noch zu Gesamtrang 63 gereicht. 5:21:57 Stunden war ich unterwegs.
Die Harzquerung ist eine super schöne Veranstaltung, die perfekt organisiert ist. Neben den 54 km gibt es auch eine halb so lange Variante. Wer Lust auf einen herrlichen Crosslauf hat, sollte die Anmeldefrist im Blick haben. Alle 1.200 Startplätze waren vergeben.