von Kerstin
Nach etlichen Jahren der „Abstinenz“ hatte ich mich für 2023 einmal wieder für den Halbmarathon in Berlin angemeldet: die Strecke und Atmosphäre dort sind immer etwas Besonderes – und sollten in diesem Jahr meinen ersten „Form-Check“ auf dem Weg zu den Deutschen Meisterschaften über die Mitteldistanz darstellen.
Nachdem ich erst am vorherigen Wochenende von meinem Trainingscamp zurückgekehrt war, bei dem der Schwerpunkt auf dem Rad gelegen hatte, war ich ein wenig unsicher, wie ich mich über die 21.1 km schlagen würde. Um die Grundlagen-Ausdauer machte ich mir keine Sorgen, aber die Frage war, ob bzw. wie ich meine persönliche Zielzeit erreichen können würde!? Um die Strecke in 1:45 h zu absolvieren, würde ich im Schnitt 4:58 min/km laufen müssen – das erschien im Bereich des Möglichen.
Am Sonntagmorgen machten wir uns um kurz nach 8 Uhr auf den Weg zum Veranstaltungsgelände, um sicherzugehen, dass ich stressfrei ankomme und die langen Wege in Ruhe absolvieren konnte. Das Gelände des Start-/Zielbereiches erstreckte sich über den gesamten Bereich zwischen Reichstag, Brandenburger Tor und Siegessäule und war vollständig durch Bauzäune umrandet – der Wahnsinn, welcher logistischer und organisatorischer Aufwand für dieses Rennen erbracht wird! (Da wundert man sich auch nicht über die Höhe der Startgebühr.)
Leider war das Wetter zunächst nicht wirklich toll (grau Himmel, 4°C und ein kalter Wind) und die Herausforderung bestand darin, möglichst lange möglichst warm eingepackt zu sein. Gegen 9:50 h begab ich mich in den Startblock C und überlegte noch (immer), ob/wie ich mein Rennen gestalten sollte: ich sah, wie/dass sich der „Pace Maker“ für 1:45h etwas hinter mir befand und dachte kurz darüber nach, direkt zu/mit ihm zu starten, blieb dann aber doch, wo ich war und sagte mir, dass ich mich immer noch „dranhängen“ könnte, falls er zu mir aufschließen würde. 😉
Um 10:05 h dann pünktlich der Startschuss, aber bei den Menschenmassen dauert es natürlich erst einmal, bis man überhaupt die Startlinie überquert hat: bei mir waren es knapp 5 Minuten „Verzug“, bevor das Rennen dann losging, die Straße des 17. Juni runter in Richtung der Siegessäule.
Erste Blicke auf die Uhr, um zu prüfen, ob/dass das Tempo bzw. die Herzfrequenz im angestrebten Bereich lag: Puls bei 143 und damit schon über der (vermeintlichen?) Schwelle… das hieß es im Auge zu behalten. Aber das Gefühl war gut und der Spaß stellte sich ein: viele gut gelaunte Zuschauer säumten die Strecke und direkt bei km 2 konnte ich Jens am Straßenrand entdecken und ihn abklatschen!
Weiter ging es Richtung Charlottenburger Schloss, dann weiter in südlicher und westlicher Richtung bis an die „äußerst linke Spitze“ des Kurses, noch etwas weiter südlich, um schließlich auf den Ku’damm einzubiegen. Der Puls pendelte zwischen 142 bis 145, wobei ich dann versuchte, wieder etwas lockerer zu laufen, um mich nicht vorzeitig „abzuschießen“.
Bei km 10 gönnte ich mir ein erstes „Gel-Gummibärchen“ und nutzte das Wasser an der Verpflegungsstation zum Runterspülen. Kurze Zeit später entdeckte ich ein bekanntes Gesicht auf dem Bürgersteig und holte mir wiederum eine Ermunterung ab – das lief alles ziemlich gut bisher! Gerade auf dem Ku’damm, der Tauentzienstraße und weiter Richtung Potsdamer Platz sind ziemlich viele Zuschauer und insbesondere Trommelgruppen und andere Live-Bands, die für Stimmung sorgen und manchmal helfen, den „richtigen“ Rhythmus zu finden.
Bei km 14.5 war eine weitere Verpflegungsstelle, bei der auch Gels eines namhaften Herstellers verteilt wurden – hier bestand die Herausforderung darin, nicht mit den Schuhen auf der Straße kleben zu bleiben, ob der zuckerhaltigen Rückstände, die dort verteilt waren. Ich hatte meine eigene bewährte Verpflegung, die mich über das verbleibende letzte Drittel tragen sollte. Auf dem östlichsten Teil der Strecke ging es zum Teil verwinkelt durch Häuserschluchten von Kreuzberg und Mitte, und irgendwo dort kam tatsächlich auch endlich die Sonne raus – herrlich! Zwischendurch immer mal wieder ein prüfender Blick auf die Pulswerte und kurzer Check der bereits absolvierten Strecke im Verhältnis zur benötigten Zeit – das sah immer noch alles gut aus und fühlte sich auch so an, auch wenn die Daten allmählich „aus dem Ruder“ liefen… jetzt war es ja nicht mehr so furchtbar weit und es würde sich hoffentlich ausgehen. 😉
Vorbei am Checkpoint Charlie, entlang des Gendarmenmarktes und „plötzlich“ biegt man auf die Prachtstraße „Unter den Linden“ und sieht das Brandenburger Tor vor sich! Das Ziel schon ganz nah und die Vorfreude riesengroß – auch am letzten vereinbarten Treffpunkt („irgendwo vor dem Brandenburger Tor“) habe ich Jens in der Menge ausmachen können und habe mir eine letzte Aufmunterung für den Schlussspurt abgeholt - „ehrfürchtig“ ging es durch den linken Torbogen und kurz danach mit einem breiten Grinsen ins Ziel! Dieser Lauf ist immer quasi eine läuferische Sightseeing-Tour und Zeitreise durch die deutsche Geschichte zugleich - Prädikat: „absolut empfehlenswert“!
Wenn man die Strecke und Zeit meiner Uhr zugrunde legt, habe ich die 21,0975km vermutlich sogar in „genau“ 1:45 h absolviert – aber nein, die offizielle Zielzeit ist 1:45:22.
Nach den „Durchgangszeiten“ bin ich das Tempo „einigermaßen gleichmäßig“ durchgelaufen … ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert! Und auf Platz 29 von 696 Starterinnen in meiner Altersklasse gelandet zu sein, fühlt sich auch sehr gut an.