von Thorsten
Über 800 Extrembergläufer aus 35 verschiedenen Nationen standen beim Südtirol Ultra Skyrace 2018 im Rampenlicht. Auf der 121 Kilometer langen Originalstrecke mit 7.554 Höhenmetern erreichten 127 Athletinnen und Athleten das Ziel. Ich hatte mich mit weiteren 220 Startern zur Marathondistanz (42,2 km) mit 2.863 Höhenmetern angemeldet.
Morgens um 7.30 Uhr war der Startschuss in Bozen (264 m üNN). Zielschluss 12 Stunden später um 19.30 Uhr. In den Tallagen sollte die Temperatur auf über 30°C steigen. Auch morgens war es schon sehr warm. Auf der Strecke gab es lediglich drei Verpflegungspunkte. Neben der vorgeschriebenen Ausrüstung (Handschuhe, Mütze, wind- und wasserdichte Jacke, lange Hose, Pullover, Rettungsdecke, Signalpfeife, Verbandsmaterial) galt es also ausreichend Flüssigkeit und Nahrungsmittel mitzunehmen.
In meine Laufweste passen zwei faltbare Trinkflaschen, die sollten gerade reichen. Als ich die vorm Start auffüllte und verstaute, wurde ich auf der rechten Körperseite angenehm gekühlt – doch warum? Leider hatte die eine Flasche im unteren Drittel ein Loch! Ersatzbeschaffung nicht mehr möglich.
Naja, nun musste ich den Kühleffekt zu meinem Vorteil nutzen. Es ging los – zunächst auf Asphaltstraßen bergauf. In Trippelschritten, hohe Frequenz, aber wenig Raumgewinn versuchte ich möglichst lange zu laufen. Aber relativ schnell wurde es steiler, so dass letztendlich alle gehen mussten. Besonders hilfreich sind dabei gute Stöcke.
Nach 1.15 Stunde war ich beim ersten Verpflegungspunkt - mein reduzierter Wasservorrat hatte ausgereicht. Es war bis jetzt zwar eine extrem schweißtreibende Angelegenheit, jedoch wurde es aufgrund der zunehmenden Höhe nicht heißer. Bisher hatte ich 7,8 km und 955 Höhenmeter zurückgelegt!
Weiter ging es. Jetzt wieder mit ein paar wenigen Phasen wo es möglich war zu laufen – aber permanent bergauf. Die „letzten“ ca. 8 km bis zum Rittner Horn waren erneut zu steil zum Laufen. An der Verpflegungsstelle Rittner Horn hatte ich 21 km und schon über 2.000 Höhenmeter absolviert. Ich war exakt 3 Stunden unterwegs.
Erstmal ordentlich Essen (Gurken mit viel Salz, Salzbrezeln, Obst, Nüsse und Trockenfrüchte) und viel trinken! Zwischendurch hatte ich in regelmäßigen Abständen bereits 5 „süße“ Energiegels zu mir genommen.
Landschaftlich war es traumhaft. In allen Richtungen konnte man schauen.
Weiter ging‘s in herrlicher Natur. Jetzt wieder einige Passagen, die laufend bewältigt werden konnten. Dann kam jedoch erneut ein sehr langer Anstieg auf die Sarner Scharte und den Villanderer Berg - mit 2.505 m üNN der höchste Punkt des Marathons. Die Aus- und Fernblicke waren super. Ich hatte Spaß an dem Wettbewerb – obwohl es mittlerweile schon herausfordernd war!
Vom Villanderer Berg liefen wir jetzt zum ersten Mal sogar wieder ein Stück bergab bis zu Totenkirchl, dem letzten Verpflegungspunkt. Eigentlich hatte ich mich auf das letzte Stück des Marathons ab Totenkirchl (10 km bergab!) gefreut – nach dem langen Anstieg merkte ich jetzt jedoch, wie schwierig es war wieder zu laufen – auch wenn es bergab geht. Ziemlich schwerfällig und etwas unschlüssig kam ich nach 4.45 Stunden am Totenkirchl (2.186 m üNN) an. Wieder ausgiebig verpflegen – viel Salz!! Mein zehntes Energiegel.
32 km der Strecke hatte ich bezwungen. Ab jetzt ging es bis zum Ziel nur noch bergab – 1.200 hm bis zum Zielort Sarntheim. Was passiert jetzt? Werden die vermeintlich leichten 10 Restkilometer zur Qual? Keine 100 m nach dem Weiterlaufen kamen Wadenkrämpfe! Jedoch nur sehr kurz, dann schien sich meine ausreichende Salzaufnahme ein paar Minuten vorher auszuzahlen und die Krämpfe waren wieder weg. Was machen die Knie? Spielen die Oberschenkel mit? Ich war mir unsicher was kommen wird. Aber es ging gut. Zunächst noch etwas verhalten auf den breiten Forstwegen, wurde ich immer schneller je steiler und technisch anspruchsvoller das Gelände wurde.
Sprechen viele bei einem „normalen“ Marathon vom „Mann mit dem Hammer“ der ab Kilometer 37 kommt (ich habe bei früheren Läufen auch schon sehr intensive Erlebnisse mit dem Herren gehabt) fing bei mir der Spaß erst richtig an. Herrlich! Ich bin die letzten 5 km regelrecht geflogen. Vollgas. Es war klasse. Es ging gut – ein rasanter Downhill, so wie man sich ihn wünscht.
Nach 5.50 Stunden habe ich das Ziel in Sarntheim erreicht. Sehr zufrieden mit meiner Leistung. (Platz 30 von 220 Starter und Platz 7 in meiner Altersklasse).
Natürlich war es eine anstrengende Tour, aber ich hatte zu keinem Zeitpunkt einen physischen oder psychischen Tiefpunkt. Das tolle Wetter (sicherlich ein nicht zu unterschätzender Aspekt) und die wirklich besonders schönen Sarntaler Alpen und die gut zu laufenden letzten Kilometer verursachten bei mir eher ein „Hochgefühl“ als einen Erschöpfungszustand. Diese Zufriedenheit mit dem Erreichten hielt an und keinerlei Knieschmerzen oder sonstige Beschwerden stellten sich im Nachhinein ein.
Fazit: Der Spirit bei einer solchen „extremen“ Veranstaltung, verbunden mit der tollen Natur ist schon sehr prägend. Die Organisation ist perfekt. Ich hätte mir mehr Abschnitte gewünscht, in denen das Laufen möglich gewesen wäre. Schön ist es allerdings, wenn es am Ende bergab geht und nicht noch ein finaler Berg bezwungen werden muss (das hatte ich in diesem Jahr auch schon).